Der Bundesgerichtshof hat kürzlich entschieden, dass bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerspruchsrecht keine Widerspruchsfrist zu laufen beginnt. Die von 1994 bis 2007 geltende Regelung des § 5 a Abs. 2 Satz 4 Vertragsversicherungsgesetz (VVG) regelte eine Widerspruchsfrist von einem Jahr, sofern es keine ordnungsgemäße Belehrung gegeben habe. Diese Vorschrift war jedoch europarechtswidrig und daher nicht anwendbar.

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Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes lag eine im März 2003 geschlossene fondsgebundene Rentenversicherung zur Grunde. Bei Abschluss der Versicherung erhielt der Versicherungsnehmer und Kläger den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation. Der Versicherungsschein wies lediglich eine unvollständige Widerspruchsbelehrung nach §5 a VVG alte Fassung auf. Eine vollständige Belehrung war nur in der Verbraucherinformation vorhanden, welche jedoch nur teilweise hervorgehoben war. Der Versicherungsnehmer berief sich im Februar 2008 auf sein Widerspruchsrecht und forderte die Versicherung zur Rückzahlung der gezahlten Beträge auf. Die Versicherung sah den Widerspruch als verfristet an, da der Widerspruch bis spätestens ein Jahr nach der ersten Prämienzahlung hätte erklärt werden müssen (§5 a Abs. 2 Satz 4 VVG alte Fassung). Der Versicherungsnehmer war jedoch der Ansicht, dass die Regelung des §5 a VVG europarechtswidrig sei und erhob Klage.

Das Amtsgericht München und das Landgericht München I wiesen die Klage ab. Zur Begründung hieß es, dass es eine ordnungsgemäße und vollständige Belehrung gegeben habe. Daher sei der Widerspruch nur bis spätestens 14 Tagen nach Erhalt der Belehrung möglich gewesen.

Dagegen legte der Kläger Revision ein und gewann. Der Bundesgerichtshof sah den Widerspruch als fristgerecht an.

Grund sei die nicht ordnungsgemäß erfolgte Belehrung des Klägers über sein Widerspruchsrecht. Die auf Seite 1 des Versicherungsscheines erfolgte Belehrung sei fehlerhaft und unvollständig gewesen. Auch die Belehrung in der Verbraucherinformation sei nicht ausreichend gewesen, da hier nur eine teilweise Hervorhebung durch Fettdruck erfolgt sei. Nicht ausreichend hervorgehoben wurde insbesondere die Frist des Widerspruches, sodass diese leicht zu übersehen gewesen sei.

Zwar verlängere sich die Frist bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung auf ein Jahr ab der ersten Prämienzahlung, §5 a Abs. 2 Satz 4 VVG. Jedoch sei diese Vorschrift europarechtswidrig und nicht anwendbar. Aus diesem Grund behielten Renten- und Lebensversicherungen aus den Jahren 1994 – 2007 ein ewiges Widerspruchsrecht (BGH, Urt. V. 07.05.2014 – IV ZR 76/11 -).

 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2015

IV ZR 284/12