Im folgenden finden Sie eine Zusammenfassung von aktuellen, interessanten oder kuriosen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen von allgemeinem Interesse.

Familienrecht

Lottogewinn teilen trotz Scheidung?

Ein Ehepaar trennte sich nach 29 Jahren Ehe, aus der drei gemeinsame Kinder hervorgegangen waren. Erst acht Jahre später reichte der Ehemann die Scheidung ein. Das lange Zuwarten hatte für ihn ganz erhebliche finanzielle Folgen:
Zwei Monate bevor der Scheidungsantrag seiner Ehefrau zugestellt wurde, konnte er sich zusammen mit seiner neuen Lebens-gefährtin über einen Lottogewinn in Höhe von 956.333 Euro freuen. In dem im Scheidungsverfahren durchzuführenden Zugewinnausgleich, bei dem Anfangs- und Endvermögen der Eheleute gegenübergestellt werden und die Differenz hälftig ausgeglichen wird, verlangte die Ehefrau auch ihren entsprechenden Anteil am Lottogewinn und bekam in letzter Instanz Recht.

Das Gesetz bestimmt eindeutig die Zustellung des Scheidungsantrags als Stichtag für die Berechnung des Endvermögens. Auch eine unbillige Härte der Ausgleichspflicht vermochte der mit dem Rechtsstreit befasste Bundesgerichtshof hier nicht zu erkennen.
Insbesondere spielten angesichts der langen Ehedauer die doch recht lange Trennungszeit und der Umstand, dass der durch den Lottogewinn erzielte Vermögenszuwachs keine innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft hatte, keine Rolle.

Der Ehemann wurde unter voller Berücksichtigung seines Anteils am Lottogewinn zu der gesetzlich geschuldeten Ausgleichszahlung verurteilt. Zudem hat er die Anwaltsgebühren und Gerichtskosten für drei Instanzen in nicht unbeträchtlicher Höhe zu tragen.
Urteil des BGH vom 16.10.2013,
AZ: XII ZV 277/12
BGH online


Mietrecht

Eigenmächtige “Müllentsorgung” durch Vermieter

Ein Wohnungsvermieter vermutete in einem unverschlossenen Kellerabteil seines Mieters eine “Müllhalde” und hygienische Gefahren für die Hausbewohner. Er ließ den Unrat kurzerhand räumen. Später stellte sich heraus, dass sich unter den Gegenständen durchaus noch Brauchbares befunden und eine Schildkröte des Mieters dort ihren Winterschlaf gehalten hatte. Das Amtsgericht Hannover verurteilte den rigorosen Vermieter zur Zahlung von Schadensersatz von 260 Euro für die entsorgten Gegenstände und 300 Euro für die Schildkröte, die ebenfalls auf der Deponie gelandet war.
Urteil des AG Hannover vom 06.11.2013,
AZ: 502 C 7971/13
Grundeigentum 2013, 1657


Zivilrecht

Abbruch einer eBay-Versteigerung trotz bereits vorliegenden Gebots

Ist einem Anbieter auf einer Verkaufs- und Auktionsplattform bei der Eingabe des Mindestpreises ein Fehler unterlaufen und sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers (hier eBay) für diesen Fall das Recht des Anbieters vor, die Auktion abzubrechen, ist das nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm auch dann noch möglich, wenn ein Auktionsteilnehmer bereits ein Gebot abgegeben hat.
Durch den Abbruch der Auktion ist kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. In dem entschiedenen Fall wurde vom Verkäufer versehentlich ein Pkw Audi A4 ohne Angabe eines Mindestpreises auf eBay eingestellt. Als er den Irrtum bemerkte, lag bereits ein Gebot eines eBay-Nutzers über 7,10 Euro vor. Nach dem Urteil muss der Verkäufer den Wagen nicht zu diesem Preis abgeben.
Urteil des OLG Hamm vom 04.11.2013,
AZ: 2 U 94/13
BB 2013,3074


 

Sozialrecht

Bindung des Apothekers an konkrete ärztliche Verordnung

Eine Krankenkasse machte bei einem Apotheker eine Retaxierung in Höhe von 12,35 Euro geltend, weil dieser einen bestehenden Rabattvertrag nicht beachtet und fälschlich nicht das günstigste Präparat abgegeben hatte, obwohl im konkreten Fall das Merkmal der Austauschbarkeit erfüll war. Der Apotheker sah sich an die konkrete ärztliche Verordnung des Arztes gebunden und klagte erfolgreich vor dem Sozialgericht Koblenz. Hat – wie hier – der Vertragsarzt die Verordnung nach Produktname, Hersteller und Pharmakontrollnummer konkretisiert und das “aut idem”-Feld angekreuzt, ist der Apotheker auch bei anderweitiger Rabattvereinbarung verpflichtet, das verordnete Medikament an den Versicherten abzugeben.
Urteil des SG Koblenz vom 07.01.2014,
AZ: S 13 KR 379/13
A&R 2014,48

Jobcenter muss Nachhilfe zahlen

Das Sozialgericht Braunschweig hat entschieden, dass ein Kind, das zusammen mit seinen Eltern Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch bezieht, auch die Kosten für einen dauerhaften Nachhilfeunterricht verlangen kann, sofern – wie hier – die Klassenlehrerin wegen Sprech- und Schreibschwächen für die Fächer Deutsch und Englisch Nachhilfeunterricht empfiehlt.
Urteil des SG Braunschweig vom 08.08.2013,
AZ: S 17 AS 4125/12
JURIS online