Enkel ist als entfernterer Abkömmling des Erblassers pflichtteilsberechtigt

Das OLG Hamm entschied und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des LG Hagen, dass wenn ein Großvater seinen Sohn enterbt, kann dem Enkel trotzdem ein Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehen.

Der Erblasser hinterließ einen Nachlass und eine Lebensversicherung im – gerichtlich festgestellten – Wert von zusammen ca. 1.854.000,00 Euro.

Erblasser enterbt Kinder wegen deren Rauschgiftsucht

Der Erblasser hatte seine beiden Söhne – wovon einer bereits verstorben ist – aufgrund ihrer Rauschgiftsucht und begangenen Straftaten, z.B. Körperverletzung gegen ihn, enterbt. Als Erben bestimmte der Erblasser in dem Testament seine damalige Lebensgefährtin, sowie seinen Bruder, gegen den sein Enkel klagt.

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Enkel des Erblassers macht Pflichtteilsansprüche geltend

Die Erben teilten den Nachlass unter sich auf. Der Kläger machte Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche in Höhe von ca. 927.000,00 Euro gegen den Bruder und die Lebensgefährtin des Erblassers, geltend. Er trug vor, dass ihm als Enkel des Erblassers – und somit allein verbliebener – die Hälfte des gesetzlichen Erbes des Nachlasses als Pflichtteil zustehe. Die Erben bestritten die Vaterschaft des enterbten Sohnes und trugen vor, dass die vorgelegte Geburtsurkunde kein ausreichender Nachweis sei. Außerdem machten sie geltend, dass sie den Nachlass verbraucht bzw. weitergegeben hätten.

Landgericht gibt Klage des Enkels statt

Das LG Hagen gab der Klage statt und forderte den Bruder und die Lebensgefährtin des Erblassers dazu auf, dem Kläger den ihm zustehenden Pflichtteil nebst Pflichtteilsergänzung zu zahlen. Hiergegen richtete sich die Berufung des Beklagten.

Enkel steht auch als nichteheliches Kind Pflichtteilsanspruch zu

Die Berufung blieb erfolglos. Dass der Kläger ein nichteheliches Kind sei, sei rechtlich unerheblich, es zählt nur, dass er der Sohn des Enterbten sei und dies konnte er eben mit Vorlage der Geburtsurkunde nachweisen.

Pflichtteilsentzug bezog sich nur auf eigene Kinder und nicht auch auf deren Nachkommen

Da der Erblasser in seinem Testament lediglich angeordnet hat, seinen Söhnen den Pflichtteil zu entziehen, habe der Kläger sein Pflichtteilsrecht nicht verloren.

Pflichtteilsanspruch ist mit gesamten Vermögen und nicht nur mit übernommenem Nachlass zu erfüllen

Der Beklagte schulde dem Kläger – neben der Lebensgefährtin des Erblassers- den Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch als Gesamtschuldner. Hierbei könne sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass der Nachlass nicht mehr oder nur noch zum Teil vorhanden ist.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 26.10.2017, AZ: 10 U 31/17