Unterschrift_by_Tim Reckmann_pixelio.de

© Tim Reckmann / PIXELIO

 

Der Abschluss eines nachteiligen Ehevertrages im blinden Vertrauen auf den anderen Ehegatten ist keine gem. § 138 BGB sittenwidrige Übervorteilung.

Mit der Frage der Sittenwidrigkeit von Verträgen zwischen Eheleuten hatte sich der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu befassen und er kam dabei zu dem vorgenannten Ergebnis.

Zugrunde lag folgender Fall:

Wenige Wochen nach der Heirat im Jahr 1993 wurde zwischen der damals 22-jährigen Büroangestellten und dem 27 Jahre alten Ehemann der als selbstständiger Vertriebsleiter einer Bausparkasse tätig war, ein notariell beurkundeter Ehevertrag abgeschlossen, in dem der Zugewinnausgleich ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart wurde. Auf nachehelichen Unterhalt wurde auch für den Fall der Not verzichtet, es sei denn, der Verzichtende habe Kinder zu betreuen, die noch nicht 7 Jahre alt sind. Allerdings wurde der Unterhaltsanspruch für diesen Fall erheblich begrenzt. Eine Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs wurde nicht getroffen.

In der Folgezeit war die Ehefrau im Büro des Ehemannes als Angestellte tätig. 2001 und 2004 kamen die beiden gemeinsamen Kinder zur Welt. 2007 erkrankte die Ehefrau an Krebs. In dieser Zeit nahm der Ehemann ein außereheliches Verhältnis auf. Die Trennung der Eheleute erfolgte 2011, der Scheidungsantrag wurde der Ehefrau 2013 zugestellt.

Die Ehefrau machte geltend, der Ehevertrag sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Der Vertrag sei auf Drängen des Ehemannes zustande gekommen. Der Ehemann habe ihr erklärt, der Vertrag diene ihrer Absicherung und der Absicherung der Selbstständigkeit des Ehemannes. Sie habe dem Ehemann blind vertraut und sei über den Tisch gezogen worden. Während der Ehemann erhebliches Vermögen während der Ehezeit gebildet habe, sei ihr dies nicht möglich gewesen. Der vereinbarte Unterhaltsverzicht treffe die Ehefrau besonders hart, da sie durch die Rollenverteilung in der Ehe gehindert gewesen sei, sich im Beruf weiterzubilden und eine eigene Invaliditäts- und Altersversorgung aufzubauen. Diese Altersversorgung müsse sie nun mit ihrem Ehemann teilen, während das von ihm gebildete Vermögen einer Teilung nicht unterliege.

Der Senat hielt den Vertrag zwar für objektiv sittenwidrig, die Vereinbarungen führten vorhersehbar dazu, dass im Scheidungsfall die Ehefrau nichts an der vom Ehemann aufgebauten Altersversorgung, wohl aber der Ehemann an der von der Ehefrau aufgebauten Altersversorgung partizipieren würde. Auch der vereinbarte, weitgehende Verzicht auf nachehelichen Unterhalt bzw. dessen Begrenzung bewirke objektiv eine einseitige, durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau. Aus diesen objektiv einseitig belastenden Regelungen kann jedoch nur dann auf die erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten geschlossen werden, wenn sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten widerspiegelt. Dass die Ehefrau sich bei Abschluss des Ehevertrags objektiv oder subjektiv in einer gegenüber dem Ehemann erheblich unterlegenen Verhandlungsposition befunden hätte, konnte nicht festgestellt werden. Durchgreifende Anhaltspunkte für eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Ehefrau im Rahmen von Eheschließung und Abschluss des Ehevertrages bestanden nicht.