Im folgenden finden Sie eine Zusammenfassung von aktuellen, interessanten oder kuriosen Entscheidungen und Rechts-entwicklungen von allgemeinem Interesse.
Familienrecht
Scheidung von Alzheimerpatienten erlaubt
Moralisch gesehen mag es um-stritten sein, aus juristischer Sicht allerdings ganz eindeutig: Wenn der Partner an Alzheimer erkrankt, kann man sich von ihm scheiden lassen.
Das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 3 UF 43/13) hat ein eindeutiges Urteil gefällt. Im Wesentlichen müssen für eine solche Scheidung drei Voraussetzungen erfüllt sein: Dass die Eheleute seit mehr als einem Jahr getrennt leben. Dass der Erkrankte im Zusammenhang mit der Tren-nung einen natürlichen Willen zur Scheidung und Trennung gefasst hat. Und, dass der Erkrankte die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft abgelehnt hat. Wenn die Krankheit schlimmer wird und der Betroffene in der mündlichen Verhandlung dann keinen eigenen Scheidungswillen mehr fassen kann, dann ist die Scheidung trotzdem möglich.
Im konkreten Fall ist ein über 60-Jähriger an Alzheimer erkrankt. Er war mit einer Frau, um die 40 Jahre alt, seit dem Frühjahr 2011 verheiratet. Acht Monate später hat sich das Paar getrennt. Im Jahr 2012 ging der Scheidungsantrag ein. Die Gegner argumentierten dahingehend, dass der Antragsteller an der Ehe festhalten wolle. Das Gericht hat die Scheidung dennoch bestätigt: Der Senat sei überzeugt, dass die Ehe gescheitert ist. Außerdem habe der Erkrankte im Frühjahr 2012 seinen Willen zur Scheidung klar geäußert und zu diesem Zeitpunkt trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen wirksam äußern können.
Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 26.10.2013
Zivilrecht
Eltern haften nicht für Downloads
KARLSRUHE – Nutzen volljährige Kinder illegale Internet-Tauschbörsen, haften die Eltern nicht automatisch. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Damit scheiterten vier führende Plattenfirmen mit ihrer Klage gegen einen Polizisten. Dieser war 2007 abgemahnt worden, weil Monate zuvor sein damals 20 Jahre alter Stiefsohn illegal Musik heruntergeladen und damit gleichzeitig auch 3749 Musikdateien auf einer Internet-Tauschbörse zum Upload angeboten hatte.
Die Musikfirmen wollten nun die Kosten für die Abmahnungen wegen Verletzung ihrer Urheberrechte in Höhe von rund 3400 Euro vom Stiefvater eintreiben. Dieser Forderung erteilte der BGH nun eine Absage: Eltern müssen ihre erwachsenen Kinder nicht generell über die Illegalität solcher Tauschbörsen aufklären, hieß es (Az I ZR 169/12). Das müsse erst geschehen, wenn es Anzeichen dafür gebe, dass das Kind solche Dienste bereits in Anspruch genommen habe oder vielleicht nutzen werde.
Schon 2012 hatte das Gericht geurteilt, dass Eltern nicht haften, wenn ihre minderjährigen Sprösslinge illegal Dateien aus dem Internet herunterladen – sofern sie es ihnen zuvor verboten haben.
Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 09.01.2014, dpa
Reiserecht
Ausdrucken der Bordkarte gilt noch nicht als Urlaubsantritt.
Verbrauerrechte gestärkt: Mit Hilfe von Haarspaltereien, so ein Urteil, habe eine Versicherung versucht Ansprüche abzuwehren.
Der konkrete Fall: Ein Urlauber ist schwer erkrankt und konnte seine Reise nicht antreten. Die Versicherungsgesellschaft weigerte sich, einzuspringen. Die Reise sei bereits angetreten, weil der Erkrankte das Bordticket an seinem Computer ausgedruckt hatte. Das Amtsgericht Bremen sah das anders (Az.: 10 C 508/12): Mit dem Ausdrucken einer Bordkarte ist die Reise versicherungsrechtlich noch nicht angetreten. Die Auslegung des Versicherers bezeichnete das Gericht als “lebensfremd”. Eine Urlaubsreise beginnt, wenn der Urlauber am Flughafen angekommen ist, sein Gepäck abgegeben hat oder die Bordkarte am Schalter vorgezeigt hat.
Immer wieder ziehen Versicherer derartige Haarspaltereien in der Vertragsauslegung heran, um Ansprüche anzuwehren, krtisierte der Bund der Versicherten.
Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 26.10.2013
Kurios
Lehrer ohne Schulbuch
Das Bundesarbeitsgericht hatte über einen Erstattungsanspruch eines angestellten Hauptschul-lehrers, der im Schuljahr 2008/ 2009 in der fünften Klasse Mathe-matik unterrichten sollte, zu entscheiden. Sowohl Schulbehörde als auch Schulleitung weigerten sich dem Lehrer das entsprechende Schulbuch zur Verfügung zu stellen. Daraufhin schaffte sich der Lehrer das Buch selbst an.
Das Bundesarbeitsgericht sprach ihm nunmehr einen Zahlungs-anspruch gegen das beklagte Land in Höhe des Kaufpreises von 14,36 € zu.
Anmerkung:
Mit den Verfahrenskosten, die von dem unterlegenen Land zu tragen waren, hätten wohl alle Lehrer – über Jahre hinweg – mit geeig-neten Lehrbüchern ausgestattet werden können.
Urteil des BAG v. 12.03.2013
AZ: 9 AZR 455/11