Als Erwiderung eines emotionalisierten Angriffs auf die Ehre, ist es von der Meinungsfreiheit umfasst, ein Geschehen subjektiv und emotionalisiert darzustellen. Wer im öffentlichen Meinungskampf zu einem abwertenden Urteil Anlass gegeben hat, muss mit einer scharfen Reaktion rechnen und diese hinnehmen, auch wenn sie das persönliche Ansehen mindert.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens war mit der Beschwerdeführerin liiert. Im Jahr 2010 zeigte sie ihn wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung an. Das Strafverfahren endete mit einem Freispruch mangels Nachweis der Straftat. Danach äußerten sich die Anwälte des Klägers in Fernsehsendungen. Der Kläger selbst äußerte sich in einem Interview über die Beschwerdeführerin. Die Äußerungen erfolgten nicht in einem sachlichen Stil, sondern in emotionalisierter Weise.
Daraufhin gab auch die Beschwerdeführerin ein Interview, gegen das sich der Kläger mit einem zivilgerichtlichen Unterlassungsbegehren erfolgreich zur Wehr setzte. Die Beschwerdeführerin wandte sich mittels Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen und berief sich auf die Verletzung ihrer Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Entscheidungen die Beschwerdeführerin in ihrer Meinungsfreiheit verletzen. Nach dem Freispruch des Klägers stellen sich die verschiedenen Wahrnehmungen als subjektive Bewertungen eines nicht aufklärbaren Geschehens dar und sind damit als Meinungen zu behandeln. Die Meinungsfreiheit umfasst auch die Freiheit, die persönliche Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten in subjektiver Emotionalität in die Welt zu tragen. Insbesondere bei Vorliegen eines unmittelbar vorangegangenen Angriffs auf die Ehre kann eine ähnliche Erwiderung gerechtfertigt sein. Zwar sollen die schweren Vorwürfe aus dem Strafverfahren nach dem Freispruch nicht mehr unbegrenzt wiederholt werden dürfen, aber die Beschwerdeführerin muss sich auch nicht auf die sachliche Wiedergabe der wesentlichen Fakten beschränken. Das öffentliche Interesse an einer Diskussion über die Konsequenzen und Härten des Strafprozessrechts aus Sicht möglicher Opfer ist zu berücksichtigen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.03.2016
1 BvR 2844/13