Betreuendem Elternteil ist Vollzeittätigkeit nicht zumutbar
Einem Elternteil, welcher ein autistisches Kind betreut, steht aufgrund des erhöhten Förderungsbedarfs ein nachehelicher Unterhaltsanspruch zu. Dies wurde vom Oberlandesgericht Hamm entschieden.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Eltern eines 16-jährigen autistischen Kindes waren geschieden. Das Kind lebte bei seiner Mutter, die wöchentlich in einem Umfang von 16 Stunden arbeitete. Daneben bekam sie aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs von ihrem geschiedenen Mann, dem Vater des Kindes, einen Unterhalt von monatlich 449,00 €.
Da der Vater des Kindes nunmehr aufgrund des Alters des Kindes zu der Ansicht kam, dass aufgrund der vorhandenen Betreuungsmöglichkeiten in der Schule und aufgrund des Entwicklungsstandes des Kindes, die Mutter des Kindes nun auch wieder Vollzeit arbeiten könne, daher kein Unterhaltsanspruch mehr bestehe. Auf dieser Grundlage stellte der Vater einen Antrag auf Abänderung des Vergleichs.
Diesen Abänderungsantrag wies das Amtsgericht Dortmund zurück. Seiner Überzeugung nach sei der Mutter eine über 2/3 Stelle hinausgehende Erwerbstätigkeit wegen des erhöhten Förderungsbedarfs des an Autismus erkrankten Kindes nicht zuzumuten. Der Vater legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
Oberlandesgericht bejaht ebenfalls Unterhaltsanspruch für Mutter
Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Beschwerde des Vaters zurück. In der Begründung heißt es: Der Mutter stehe weiterhin gem. §15170 BGB wegen Betreuung des gemeinsamen Kindes ein nachehelicher Unterhaltsanspruch zu. Ihr sei höchstens eine Erwerbstätigkeit im Rahmen einer 2/3 Stelle zuzumuten. Denn für das Kind bestehe wegen seines Autismus ein erhöhter Förderbedarf. Daraus resultiere ein gesteigerter Betreuungsbedarf, den die Mutter leiste. So verfüge das Kind Krankheitsbedingt über keine Sozialkontakte, sodass die Mutter ihm mehr Zeit widmen müsse. Hinzukomme ein weiterer Zeitaufwand für nötige Absprachen mit Lehrern in der Schule und Mitarbeiter im Autismuszentrum sowie Fahrten im Zusammenhang mit Therapien.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 02.06.2016, AZ: 6 WF 19/16