Eine Mitarbeiterin eines Zustellers wurde im Januar 2014 zur Leiterin eines Zustellstützpunktes in Lübeck ernannt. Daraufhin bestand sie ausdrücklich auf einer außertarifvertraglichen Vergütung. Dies wurde ihr aber verwehrt. Nach dem letztmaligen Zurückweisen ihrer Forderung erklärte sie, dass sie von ihrem Post zurücktrete.
Der Vorgesetze versuchte dann in einem Gespräch die weitere Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerin zu besprechen. Jedoch bestand diese weiter auf ihrer Vergütungsforderung. Nach Beendigung des Gespräches weigerte sich diese das Büro des Vorgesetzten zu verlassen.
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Der Vorgesetzte wies sie daraufhin sowohl auf die Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten sowie des Hausrechtes als auch auf die Kündigung als Konsequenz hin. Nachdem all dies die Mitarbeiterin nicht zum Verlassen des Büros bewegte, wurde die Polizei eingeschaltet. Die Mitarbeiterin verließ sodann das Betriebsgelände. Am darauffolgenden Tag versandte die Mitarbeiterin an Beschäftigte eine E-Mail, in der sie sich als „Bauernopfer“ darstellte und unter anderem schrieb: „ Wer solche Vorgesetzte hat, benötigt keine Feinde mehr“.
Auf die darauf folgende fristlose, sowie hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitgebers, erhob die Mitarbeiterin Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht Lübeck gab der Arbeitnehmerin Recht und erachtete die fristlose und ordentliche Kündigung als unwirksam. Das Landesarbeitsgericht sah dies jedoch anders.
Zwar ist die fristlose Kündigung unwirksam, die ordentliche Kündigung aber wirksam.
Die Arbeitnehmerin hat durch den Sitzstreik ihre arbeitsvertraglichen Pflichten und das Hausrecht erheblich verletzt. Auch die E-Mail am folgenden Tag war geeignet den Betriebsfrieden nachhaltig zu stören. Jedoch war die fristlose Kündigung unverhältnismäßig. Dem Arbeitgeber war wegen der 22-jährigen beanstandungsfreien Beschäftigung und Betriebszugehörigkeit das Abwarten der Kündigungsfrist zuzumuten.
Die ordentliche Kündigung greift jedoch durch. Es lag hier ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund aufgrund des Sitzstreikes und des Versendens der E-Mail vor. Eine Abmahnung war entbehrlich.
Die lange Betriebszugehörigkeit kann der Mitarbeiterin hier nicht helfen, da ihre Pflichtverletzung derart schwerwiegend war, dass das Kündigungsinteresse des Arbeitgebers überwog. Die Arbeitnehmerin hat versucht, eine Vergütung durchzusetzen auf die kein Anspruch bestand. Auch die Versuche des Arbeitgebers, die Situation zu entschärfen, ließ die Arbeitnehmerin nicht zu. Sie hat die Eskalation weiter betrieben und ist daher als Führungskraft untragbar. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde so nachhaltig und unwiederbringlich zerstört.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 06.05.2015 – 3 Sa 354/14