In der kürzlich ergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts München, ging es um ein unberechtigt zum Herunterladen angebotenes Album einer Tonträgerherstellerin. Diese forderte von einem Ehepaar mindestens 2.500€ Schadenersatz und Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 1.000€.

Die beklagten Eheleute sind Inhaber des Internetanschlusses über den das Album der Klägerin ohne Berechtigung zum Herunterladen angeboten wurde. Die Beklagten gaben an, sie haben 3 Kinder, die alle Internetzugriff hatten. Dies wurde durch die Klägerin bestritten.

Die Beklagten trugen vor, sie haben einen Rechner im Wohnzimmer sowie 3 weitere Rechner, welche durch ihre 3 volljährigen Kinder benutzt werden. Das Haus verfüge über einen von den Beklagten betriebenen drahtlosen Internetzugang durch einen Telekom Router. Das Passwort für die drahtlose Internetverbindung sei allen Kindern bekannt gewesen. Im Verlauf des Verfahrens räumten die Beklagten die Verletzungshandlung durch eines der Kinder ein. Jedoch wollten sie dessen Namen nicht preisgeben.

Das Landgericht München I gab der Klage der Tonträgerherstellerin statt und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von 3.544,40 € zuzüglich Zinsen. Dabei sah das Gericht die Beklagten als Täter der begangenen Rechtsverletzung an.

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Die eingelegte Berufung wies das Oberlandesgericht nun zurück und legte im Urteil darüber hinaus auch die Anforderungen an den Nachweis der Täterschaft in Filesharing Fällen dar.

Grundsätzlich muss der Anspruchsteller nachweisen, dass der Anspruchsgegner der Täter der begangenen Rechtsverletzung ist. Eine Besonderheit gibt es allerdings bei Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung. Wurde eine urheberrechtlich geschützte Leistung von einer bestimmten IP-Adresse verbreitet, welche einer bestimmten Person zu diesem Zeitpunkt zugeordnet werden kann, so liegt eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft vor. Sind mehrere Personen gemeinschaftlich Anschlussinhaber, so geht diese Vermutung zulasten aller Anschlussmitinhaber. Diese Vermutungsregel begründet einen Anscheinsbeweis. Um diesen zu erschüttern reichen nicht etwa allgemeine Hinweise auf einen anderen Verlauf der Geschehnisse, sondern es bedarf eines Nachweises konkreter Umstände durch den Anschlussinhaber und Anspruchsgegner aus denen sich die ernste Möglichkeit eines anderen Verlaufes ergibt.

Diese Vermutungsregel greift jedoch nur bei Vorliegen von 2 kumulativen Voraussetzungen. Zum einen muss eine Verletzungshandlung vorliegen, die sich auf einen konkreten Internetanschluss bezieht. Zum anderen darf der Anschluss nicht bewusst einer anderen Person zugänglich gemacht worden sein, sofern eine hinreichende Sicherung des Anschlusses vorlag. Beruft sich der Anspruchsteller auf die tatsächliche Vermutung, hat dieser auch die Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen.

Dabei ist zu beachten, dass es nur einer Beweisführung durch den Anspruchsteller bedarf, wenn der Anspruchsgegner konkret die Darlegungen des Anspruchstellers bestreitet. Ausreichend für das Eingreifen der sekundären Darlegungslast ist, wenn der Anschlussinhaber angibt, ob und welche anderen Personen Zugriff auf den Internetanschluss haben und so als Täter in Betracht kommen. Ein pauschales Bestreiten der Vertragsverletzung sowie die Behauptung es haben im Haushalt lebende Personen jederzeit Zugriff auf den Internetanschluss genügt nicht.

Sofern der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast entspricht, hat der Anspruchsteller erneut die Beweislast zu tragen. Kann der Anspruchsgegner die Anforderungen der sekundären Darlegungslast nicht erfüllen, so wird das Vorbringen des Anspruchstellers zugrunde gelegt.

Das Oberlandesgericht führte weiter aus, dass tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast ineinander greifen. Dabei betrifft die sekundäre Darlegungslast die vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen einer tatsächlichen Vermutung eingreifen oder nicht. Sobald der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nachkommt, muss der Anspruchsteller konkret die Täterschaft beweisen.

In Bezug auf den zu entscheidenden Fall, haben die Beklagten nicht die Anforderungen an die sekundäre Beweislast erfüllt. Es besteht daher die tatsächliche Vermutung der Täterschaft der Beklagten. Die sekundäre Beweislast verlange, dass die Beklagten alle die Urheberrechtsverletzung betreffenden Informationen an die Klägerin herausgeben. Insbesondere wären die Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast dazu verpflichtet gewesen, den Namen des Kindes preiszugeben, welches die Rechtsverletzung begangen hat. Daher kann das Vorbringen der Beklagten nur als pauschales Bestreiten gewertet werden und die tatsächliche Vermutungswirkung bezüglich der Täterschaft tritt ein.

Der Einwand der Beklagten, dass die Preisgabe des Namens nicht mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist, greift nicht durch. Art. 6 Abs. 1 GG sei kein schrankenloses Grundrecht, dass jegliche Beeinträchtigung des familiären Bandes schütze. Vielmehr müsse auch der Schutz des Eigentums aus Art. 14 GG Berücksichtigung finden. In dem hier zu beurteilenden Fall rechtfertige Art. 14 GG die Preisgabe der die begangene Rechtsverletzung betreffenden Informationen. Anderenfalls seien Ansprüchen aus Urheberrechtsverletzungen durch Nutzung des Internetanschlusses von im Haushalt lebenden Familienangehörigen nicht durchsetzbar.

Das Oberlandesgericht entschied daher, dass hier aufgrund der tatsächlichen Vermutung die Täterschaft der Beklagten feststehe. Die Beklagten konnten diese Vermutung nicht erschüttern. Zwar trugen sie vor, dass die 3 volljährigen Kinder zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch Zugang zum Internet hatten. Auch wurden die Kinder als Zeugen für diese Behauptung genannt. Jedoch blieben die Beklagten beweisfällig, da sich die Kinder auf das ihnen zustehende Zeugnisverweigerungsrecht aus §383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beriefen. 

Das Oberlandesgericht hat jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Grund dafür ist, dass es eine über den Streitfall hinaus allgemeine Bedeutung hat festzulegen, durch welche Angaben der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast genügt.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 14.01.2016

29 U 2593/15